Liebe Freunde und Beter in der Heimat!
Sirenen in der Stadt
Soeben war ich in der Stadt – Oleksandrija - und wollte ein paar eindrückliche Fotos für euch machen. Plötzlich heulten die Sirenen los und ich beobachtete, wie alles stehen blieb und jeder zum Himmel schaute. Erst nach einigen Sekunden der Schockstarre verschwanden die Menschen in den nächstgelegenen Schutzräumen. Ich saß in meinem Auto und meine Gedanken gingen in meine Jugendzeit zurück. Ich sah mich in einem Jugendraum der Methodistischen Kirche sitzen und hörte meinen eigenen Gesang: „Von guten Mächten wunderbar geboren, erwarten wir, was kommen mag …“. Auf einmal hörte ich auch meine Mutter an meinem Kinderbett „Breit aus die Flügel beide, o Jesu meine Freude, und nimm dein Kindlein ein“ singen. In mir breitete sich eine tiefe Ruhe und tiefer Frieden aus. Umso befremdlicher kam mir alle Hektik, Hast, Angst und Hysterie der Außenwelt vor. Damals sangen wir die Lieder lieblos, haben sie als Kinder eher „runtergeleiert“ - heute aber und in der momentanen Situation haben die gleichen Worte eine ganz andere und stärkere Bedeutung und besondere Kraft!
Einweihung des "Splitterkellers"
Uns geht es den Umständen entsprechend gut. Letzte Nacht wurde unser Splitterkeller - so will ich ihn mal nennen - von unseren Nachbarn eingeweiht. Gabriele und ich sind aber im Bett geblieben. Es mehren sich nun die Luftraumwarnungen und immer wieder sind Sirenen zu hören. Um die Stadt herum werden Bunker aus Betonfertigklötzer aufgestellt. An den strategisch wichtigen Kreuzungen werden Schützengräben ausgehoben und auf den Straßen müssen Kontrollpunkte passiert werden. Leider darf ich das nicht mit Fotos für euch dokumentieren.
Unter den Soldaten sieht man immer mehr Männer mit einer gelben Armbinde – das ist ein Kennzeichen für all diejenigen, die über keine Kampferfahrung oder militärische Ausbildung verfügen. Meist sehen wir einen Soldaten mit drei „Neulingen“, die im Schnelldurchlauf eine Einführung und praktische Ausbildung absolvieren.
Mit jedem Tag, an dem die ukrainische Armee dem Ansturm des scheinbar übermächtigen Gegners standhält, wächst der Hoffnungsschimmer, dass ein Sieg nicht unmöglich ist. Wenn alles zum Himmel schaut, sobald die Sirenen heulen, dann sollten die Menschen ebenfalls ihre Hände emporheben und beten!
Aktion "Kriegsbrot"
Dank der initiierten Sonderspendenaktion „Hilf uns Kriegsbrot zu backen“ und Eurer großzügigen Unterstützung, verkaufen wir seit gestern das Roggenmischbrot zum halben Preis! Konkret kostet ein Brot jetzt umgerechnet etwa 30 Cent (10,00 Griffni)!!! Iwan steht in Verhandlungen mit einem nahe gelegenen Militärstützpunkt. Wir möchten auch die Soldaten unterstützen, dass sie eine ausreichende Verpflegung erhalten, denn „Wie die Verpflegung, so die Bewegung!“
Unsere Nudelmaschine und auch die Mühle arbeiten momentan in zwei Schichten, um die Nachfrage der Bevölkerung abzudecken.
Schwierigkeiten bereitet uns der Umgang der Menschen, besonders unserer Mitarbeiter, mit den Medien. Die permanente Informationsflut versetzt die Menschen in Angst und Sorgen. Schlafstörungen und psychische Belastungen sind nur die ersten Anzeichen davon. Viele Angestellten weigern sich auch während der Arbeitszeit die Handys wegzulegen – Unkonzentriertheit und Fehler resultieren daraus. Bitte versteht uns nicht falsch. Wir sind froh und dankbar, dass das Internet immer noch funktioniert und wir Kontakt halten können und weiterhin ein Austausch möglich ist. Dieses Medium darf uns aber nicht in eine Schockstarre versetzten und uns lähmen! Unsere Ala traf unlängst eine Entscheidung. Sie sagte: Schluss jetzt, es wird, wie Gott es will. Handy aus und einfach weiterleben!“
Viele Dorfbewohner, die entfernt zu einem schützenden Keller wohnen, verbarrikadieren ihre Fenster mit Sandsäcken.
Heute gab es in der Stadt auch wieder Treibstoff - maximale Abgabemenge 10 Liter. Laut einer staatlichen Verordnung ist neuerdings der Verkauf von alkoholischen Getränken, inklusive Bier, verboten!
Eure Spenden kommen an!
Wir sind dankbar, denn die Banken arbeiten im Moment noch normal – aufgrund unseres ukrainischen Geschäfts- und Vereinskontos werden auch vorerst keine Gelder eingefroren und Überweisungen sind weiterhin möglich. Eure eingehenden Spenden gehen auf das deutsche Konto der HypoVereinsbank und wir transferieren dann immer nur so viel Geld, wie es uns für die momentane Lage als sicher erscheint.
Wir bedanken uns bei jedem Einzelnen für all Eure Gebete, die Anteilnahme, Unterstützung im Geben wie auch im moralischen Beistand durch all die Mails und Briefe, die wir in den letzten Tagen von euch erhielten!
Wir versuchen uns baldmöglichst wieder bei euch mit den neusten Entwicklungen zu melden!
Liebe Grüße aus Protopopofka!
Achim & Gabriele
PS: Sehr gerne könnt Ihr unsere Nachrichten und die Spendenaktion in den sozialen Netzwerken verbreiten und auch die analoge Briefversion weitergeben.
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