Rundbrief Nehemia-Freundeskreis |
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Protopopowka, Ukraine - | 07. Oktober 2024 | |
Liebe Freude, Beter und Spender, Wir grüßen Euch alle recht herzlich in die verschiedenen Himmelsrichtungen! Vielen Dank, dass Ihr nun schon mehr als 400 Tage mit uns durch diese Kriegszeit geht. Wir versenden täglich unsere Kurznachrichten (Kriegsvideotagebuch und Tages-Update). Wer sich gerne noch dazu anmelden möchte, tritt einfach einer der Messengergruppen bei: https://chat.whatsapp.com/KOh9vjuLuymAkZQa1PftoR oder https://signal.group/#CjQKIPwHEUk0gHE826U2LxohSQXWuZO-h3LDCPNBPOsgTiNSEhDIJTWHnj59i8rPBNXrHa8T. Der letzte offizielle Rundbrief wurde im Dezember verschickt. Deshalb ist es an der Zeit, das Wesentliche der letzten drei Monate kurz zusammenzufassen.
Kriegsbrot
Unsere Aktion Kriegsbrot läuft weiter. Es hat sich schon lange herumgesprochen, dass das Kriegsbrot kein minderwertiges Brot ist, sondern mit Spenden aus Deutschland gestützt wird. Die erhöhten Backzahlen haben unsere Bäcker schon echt gefordert. Dazu kamen die beständigen Stromausfälle und geplanten Abschaltungen dazu. Wir mussten unsere Notstromversorgung um einen weiteren Generator erweitern, dazu dann noch entsprechende Leitungen verlegen und das Personal schulen. Die Frauen gingen mit großem Elan die neuen Aufgaben an. Zusätzlich hatten wir die Backzeiten so verlegt, dass wir die Notstromversorgung sinnvoll nutzen konnten. In dieser Zeit haben wir über 2000 Liter Diesel nur für die Notstromherstellung verbraucht. Ein ganz herzliches Dankeschön an alle Helfer in der Heimat. Gerade bei unserem alten Generator mussten einige technische Fragen gelöst werden. Gut, wenn man im richtigen Moment auf kompetente Hilfe und Unterstützung zählen kann. Vor etwa 20 Jahren übernahmen wir den Generator von einer Firma mit ca. 15 Stunden auf dem Betriebsstundenzähler. Bis heute erreichten wir schon über 1000 Betriebsstunden! Gott sei Dank stabilisierte sich seit Anfang März die Lage und es kommt nur noch selten zu Stromabschaltungen. Leider verkrafteten einige Haushaltsgeräte wie Kühlschrank, Mikrowelle, Gefrierschrank und Waschmaschine die ständigen Stromschwankungen nicht und mussten alle repariert werden.
Unsere Flüchtlinge
In unserem Haus leben derzeit noch vier Flüchtlinge. Drei Personen kommen aus Bachmut und einer aus Charkow. Die Bachmuter haben alles verloren. Mit über siebzig Jahren stehen sie vor dem Nichts. Ihnen sind zwei Koffer ihres alten Lebens geblieben, welche sie mitgebracht hatten. Kaum vorstellbar, aber oft ist die Stimmung unter den verbleibenden Flüchtlingen angespannter, als es damals zu Kriegsausbruch mit fast 25 Personen war! Wir räumen ihnen den benötigten Freiraum ein und verschaffen die Möglichkeit, ihre Probleme selbst zu klären. Von Zeit zu Zeit rufen wir ihnen ins Bewusstsein, dass es den Unterstützern aus Deutschland zu verdanken ist, dass alle Personen hier so gut leben können. Für die Zeit ohne Strom stellten wir einen Kochherd im Außenbereich neben dem Haus auf. Auf diese Weise kann jederzeit Essen gekocht werden. Auf unserer Etage halten wir weiterhin zwei Zimmer frei, um Besuchern aus der Heimat ein Bett anzubieten. Wir sind stets dankbar, dass sich unsere sächsischen Landwirte regelmäßig zu einer Visite aufmachen. Ebenso haben wir uns über den Besuch einer Familie mit ihren drei Jungs sehr gefreut. Es war eben auch für uns einmal ein Stück „normale“ Zeit. Als die beiden großen Buben ihre Sparbüchsen mitgebracht und für die Arbeit hier ausgeleert hatten, waren wir tief berührt.
Selbsthilfeprojekt
In unserem Hilfsprojekt „Hilfe zur Selbsthilfe“ stehen immer noch 22 Personen in einem offiziellen Angestelltenverhältnis. Mit den auf der Basis hergestellten Erzeugnissen unterstützen wir weiterhin das Kinderheim in Alexandria und das Rehazentrum Arche in der Stadt. Wir freuen uns, dass die Leitung des Kinderheimes entschieden hat, erst einmal mit den Kindern hier in Alexandria zu bleiben. In der Bäckerei hat sich die Personalsituation stabilisiert. Es kommen immer wieder neue Leute, die es mit dem Backhandwerk versuchen wollen. Die wenigsten aber sind geeignet und bleiben dauerhaft. Auch im Stall und im Verkauf sind die Angestellten ziemlich stabil. Egal für welche Position, stellt es für uns stets eine Herausforderung dar, neues Personal anzulernen und zu trainieren. Besonders bei den Melkern im Stall ist das ein sehr mühsamer Prozess. Wir sind äußerst dankbar, dass sich die beiden jungen Frauen stabilisiert haben und ein aufrichtiges Interesse zeigen, ihre Alkoholsucht zu überwinden. Fast alle unsere Mitstreiter haben Freunde, Verwandte, Ehemänner, Enkel oder Kinder im Krieg. Wir haben da eine lange Gebetsliste und sind dankbar, dass bis zum heutigen Tag keiner von ihnen gefallen ist. Zu dieser Liste gehören auch die Soldaten, die bei uns kurzzeitig Quartier bezogen hatten. An einem Abend beherbergten wir 13 Soldaten. Sie kamen direkt von der Front, hatten wochenlang weder Dusche noch ein Bett gesehen. Im Hausflur türmten sich Helme, Maschinenpistolen, Munitionstaschen, schusssichere Westen und vor allem 26 Schnürstiefel. Sie haben die Zeit bei uns genossen und wir hatten bewegende Gespräche und danach Vieles zu verarbeiten. So ein Bericht direkt von der Front ist schon etwas anderes, als „nur“ Nachrichten…..! Seitdem im nicht weit entfernten Tagebau ein Ausbildungsplatz der ukrainischen Armee eingerichtet wurde, wird uns immer wieder klar, dass der Krieg real ist. Der Schießplatz ist etwa zwei Kilometer Luftlinie entfernt. Dort wird auch mit größeren Kalibern geübt. Ab und zu knallt das dann schon gehörig. Dank der Spenden konnten wir noch Dünger kaufen und die Felder einigermaßen mit den nötigsten Mineralien versorgen. Vielen Firmen war dies im laufenden Jahr nicht möglich. Es ist fraglich, wie die kommende Ernte für die Ukraine ausfallen wird. Wir sind gespannt, ob der Weizen die nötige Qualität für Backweizen bekommt. In allem geht das Leben einfach weiter: Saat und Ernte, Tag und Nacht, Winter und Sommer. Neue Kälber werden geboren, neues Mehl gemahlen, Brot gebacken und Öl gepresst. An die Einschränkungen durch den Krieg haben wir uns gewöhnt und entsprechende Maßnahmen getroffen. Der am Anfang eingerichtete Bombenschutzkeller ist wieder zum normalen Keller geworden. Die mehrmals täglich ausgelösten Luftalarme gehören zum Alltag dazu. Staatliche Behörden schließen in dieser Zeit, ansonsten nimmt kaum jemand mehr Notiz davon - dennoch ist die Gefahr immer präsent. Das musste unsere Stadt bei einem Angriff im letzten Jahr erleben, bei dem 12 Menschen ihr Leben verloren.
Allgemeines
Hier im Hinterland hat sich die wirtschaftliche Situation stabilisiert. Die meisten Lieferketten funktionieren wieder oder sind neu entstanden. Treibstoffe, Generatoren, Taschenlampen und Lebensmittel gibt es zu kaufen. Die Kriegsflüchtlinge erhielten eine Registriernummer und bekommen so an den staatlichen Verteilstellen Unterstützung. Auch die Rente wird auf diesem Weg überwiesen. Zusätzlich gibt es noch Hilfsangebote von verschiedenen Kirchen oder anderen gemeinnützigen Organisationen. Je näher man an die Frontlinie kommt, umso schlechter ist die Situation. Gerade in den frontnahen Gebieten sieht es ganz anders aus. Wir stehen mit einem Pastor aus Konstantinovka in Kontakt. Sein Ort liegt etwa 5 km von der Frontlinie entfernt. Er hat sich entschlossen bei seiner Gemeinde zu bleiben. Diesen Entschluss achten wir sehr und wir sind momentan dabei, für diese Personen Unterstützung zu organisieren. Dort leben Menschen, die auch jetzt wieder ihren Garten bestellen wollen. Die meisten sind einfach zu arm oder zu alt für eine Flucht und einen Neuanfang im „Irgendwo“.
Persönliches
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